11. November 2016

Rüdiger Erben im dbb-Gespräch:

Sonderzahlungsbeträge im Koalitionsvertrag allenfalls ein Einstieg

Am 9. November 2016 trafen sich der dbb Landesvorsitzende Wolfgang Ladebeck und seine Stellvertreter Helmut Pastrik und Hartmut Schaefer mit dem parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Rüdiger Erben. Im Mittelpunkt des Gespräches standen die Herstellung einer verfassungskonformen Besoldung, die Tarifverträge über die Vereinbarung von Teilzeitbeschäftigung und Altersteilzeit im Landesdienst und die Personalpolitik der schwarz-rot-grünen Koalition.

Die geringe Erhöhung des Abstandes zum Punkt der indizierten offensichtlichen Verfassungswidrigkeit im Gesetzentwurf der Landesregierung zur Herstellung einer verfassungsgemäßen Besoldung sei zwar ein „kleiner Schritt in die richtige Richtung, reiche aber nicht aus, um Besoldungsfrieden herzustellen“, sagte Ladebeck. Die Nachzahlungen für die Jahre 2008 bis 2012 und für das Jahr 2014 orientierten sich zu eng an den vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Vergleichsgrößen. Außerdem seien in Sachsen Bemessungsgrundlage für die Nachzahlungen neben dem Grundgehalt die allgemeine Stellenzulage und der Familienzuschlag, in Sachsen-Anhalt nur das Grundgehalt und Amtszulagen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb gerade Beamtinnen und Beamte mit Familien in Sachsen-Anhalt schlechter gestellt würden als in Sachsen. Erben verwies in dem Gespräch darauf, dass der Gesetzentwurf in erster Linie „eine große Tabelle sei“, mit der hoffentlich „Frieden in der Frage der verfassungsmäßigen Alimentation für die Vorjahre einziehe“. Es müsse das Vorhaben schnell Gesetzeskraft erhalten, damit die Nachzahlung zeitnah an die Beamten erfolgt und die Kostendämpfungspauschale und die Besoldungskürzung für die Heilfürsorgeberechtigten ab 2017 „Geschichte“ sind.

Zur Kritik des Beamtenbundes an der Höhe der im Koalitionsvertrag  für 2017 vereinbarten Sonderzahlung - 600 Euro bis zur Besoldungsgruppe A 8, 400 Euro ab A 9 und 200 Euro für Anwärter und Versorgungsempfänger - sagte Erben: „Berechtigterweise haben die Beamten mit anderen Beträgen gerechnet als der heutige Finanzminister Schröder den Beamten wenige Wochen vor der Wahl versprach. Heute müssen wir in seiner neuen Rolle um die Höhe ringen. Die jetzt genannten Beträge können allenfalls ein Einstieg sein.“

„Weil die Beschäftigten für eine Verlängerung der am 31.12.2016 auslaufenden Tarifverträge Altersteilzeit und freiwillige Teilzeit votieren, hat der dbb Finanzminister Schröder inzwischen zu einer Verlängerung der Tarifverträge aufgefordert“, informierte Ladebeck.

Angesichts der demografischen Entwicklung und der Integration der Flüchtlinge forderte der dbb Landesvorsitzende eine Kurskorrektur in der Personalpolitik der Keniakoalition. „Mehr Lehrer und mehr Polizisten einzustellen reicht nicht, wir brauchen auch dringend mehr Personal in den Fachverwaltungen und in der allgemeinen Verwaltung“, so der dbb Landeschef. Sicher sei die personelle Aufstockung bei Polizei und in den Schulen besonders wichtig, betonte Erben. Doch auch in den Straßenmeistereien oder in der Gewerbeaufsicht klemmt es an vielen Stellen. Deshalb müssten auch dort verstärkt Neueinstellungen erfolgen.

Gesprächsthema war auch die sogenannte „Reichsbürgerbewegung“. „Reichsbürger“ sehen in der Bundesrepublik Deutschland keinen souveränen Staat, weil er gar nicht existiere. Jegliches staatliches Handeln wird als illegitim aufgefasst. Somit seien alle Gesetze, Bescheide und Gerichtsurteile nichtig. Damit sei es auch legitim, weder Steuern noch kommunale Gebühren, Abgaben oder Bußgelder zu zahlen. Stattdessen nehmen manche von ihnen sogar Gerichtsverhandlungen und Erzwingungshaft in Kauf. „Weil sogenannte Reichsbürger zunehmend Bedienstete in Landes- und Kommunalverwaltungen traktieren, gibt es teilweise große Unsicherheiten im Umgang mit den Reichsideologen“, machte Ladebeck deutlich und fordert eine Handreichung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum praktischen Umgang mit „Reichsbürgern“ und behördlichen Rechtsschutz für die Bediensteten. Mit dem Anliegen stießen die dbb-Vertreter bei Erben auf offene Ohren, der das Phänomen und deren Gefahren als Innenpolitiker gut kennt. Erben: „Wenn Amtsträger von Reichsbürgern juristisch unter Druck gesetzt werden, dann hat sie der Dienstherr zu verteidigen. Das ist keine Privatsache des Beamten oder des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes.“